Zum Inhalt springen
Was ist Nudging zur Förderung nachhaltigen Verhaltens?

Nudging zur Förderung nachhaltigen Verhaltens – Was ist das genau?

Was genau ist versteht man unter dem Nudging zu nachhaltigem Verhalten? Die stetig wachsenden und unübersehbaren Umweltprobleme unserer Zeit lassen keine zwei Meinungen mehr zu: wir müssen unser Konsumverhalten überdenken und anpassen. Je länger wir damit warten, desto härter wird die Umstellung. Mit sogenannten Nudges lässt sich wesentlich dazu beitragen, dass Menschen umweltfreundlicher handeln.

In diesem Artikel möchte ich dir deshalb alles Wissenswerte über das Nudging zur Förderung von nachhaltigen Verhalten an die Hand geben. Von der Definition, über Gründe, Beispiele, Maßnahmen bis hin zur Kritik. Auf geht's!

Vorab findest du hier noch ein kurzes Inhaltsverzeichnis über den Beitrag:

  1. Definition
  2. Gründe
  3. Beispiele
  4. Kritik
  5. Maßnahmen
  6. Schlusswort

Was versteht man unter Nudging im Bezug auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz?

Mithilfe des Nudgings (engl. anstupsen, auch „Green Nudging“ genannt) bewegt man Menschen auf möglichst einfache Weise einmalig oder dauerhaft dazu ein bestimmtes, nachhaltigeres Verhalten an den Tag zu legen. Oft fällt diese Beeinflussung den handelnden Personen nicht einmal auf, weil der Einfluss in der Regel nur sehr subtil ist. Nudges sind an sich politische Instrumente und Maßnahmen, die auf psychologischen Erkenntnissen basieren und in der Lage sind, das Entscheidungssetting einer Person hin zu einem nachhaltigeren Handeln zu lenken.

Sie funktionieren vor allem durch individuelle, psychologische Faktoren wie Eigeninteressen, Kurzfristdenken, Statusorientierung, soziale Nachhahmung oder sensorische Wahrnehmung.₁

Warum ist Nudging überhaupt notwendig?

Nudging - Nachhaltiges Verhalten beeinflussen

Das Nudging soll also unser Konsumverhalten positiv verändern. Doch warum müssen wir überhaupt „manipuliert“ werden? Diese Frage sollten wir zunächst kurz und knapp beantworten.

1) Weil wir gerne so handeln, wie wir es gewohnt sind

Wir Menschen sind Gewohnheitstiere. Je länger wir eine bestimmte Verhaltensweise an den Tag gelegt haben, desto schwieriger fällt uns die Veränderung in der Regel. Bequemlichkeit („das habe ich immer so gemacht“) und verfestigte Glaubenssätze („Fleisch braucht man, um stark zu sein“) sind weitere Hürden, die wir erst einmal überspringen müssten, um unser Verhalten selbst ganz bewusst zu ändern. Auch deshalb ist das Nudging zur Förderung nachhaltigen Konsumverhaltens so unglaublich wichtig.

2) Weil wir Umweltprobleme lösen müssen

Verbesserungen der individuellen Entscheidungen jedes Einzelnen sind auch essenziell, um mit einfachsten Mitteln möglichst wirkungsvolle, positive Veränderungen im Kampf gegen massive ökologische und gesellschaftliche Herausforderungen unserer Zeit zu bewirken.

3) Weil wir unsere Gesundheit schützen müssen

Anscheindend braucht es eine konsequente Entkoppelung von Wohlstand und Naturverbrauch, um uns davor zu schützen, uns selbst zu gefährden. Schließlich zerstören wir unaufhaltsam den einzigen Planeten, auf dem wir leben können. Verschmutzte Gewässer, verschmutzte Luft, unfruchtbare Böden, Bienensterben, Antibiotikaresistenzen… wir dürfen nicht den Fehler machen, zu glauben, dass wir als einziges Lebewesen in einer ungesunden Umwelt gesund bleiben. Doch viel Zeit haben wir nicht mehr, um das gesellschaftliche Umdenken zu beschleunigen. Nudges sind deshalb ein willkommener Beschleuniger nachhaltigen Verhaltens.

Welche Nudging-Ansätze lassen sich umsetzen?

Fahrrad Zeichen Nudge

Nun wissen wir, warum Nudging so wichtig für unsere Zukunft sein kann. Doch wie lässt sich das Verhalten von Menschen nun mit einfachen Mitteln in der Praxis verändern? Die Typen von Nudges sind grundsätzlich informeller, struktureller oder unterstützender Natur.₃ Hier stelle ich dir einige von ihnen vor:

  1. Infos, Warnhinweise, Siegel und Signale (z.B. Schild mit „Treppensteigen ist gesund“ neben einer Rolltreppe oder Warnhinweise auf Zigaretten)
  2. Vereinfachung (z.B. Lebensmittel-Ampel mit Gehalt an gesundheitsrelevanten Nährstoffen oder unkomplizierte Förderantragsformulare für energieeffizientes Bauen)
  3. Bequemlichkeit & Zugang (z.B. mehr vegane Lebensmittel im Supermarkt)
  4. Gestaltung von Voreinstellungen / Defaults (z.B. Standardeinstellung beim Drucker auf „beidseitigem“ Drucken)
  5. Soziale Normen / Sozialer Konformismus (z.B. Angaben über durchschnittlichen Energieverbrauch anderer Haushalte)
  6. Erhöhung der Salienz / Augenfälligkeit (z.B. Bio-Produkte im Supermarktregal auf Augen- bzw. Greifhöhe oder rote und grüne Fahrradspuren in der Stadt)
  7. Selbstbindung / Bekenntnisse (z.B. Veganuary oder Wettbewerbe am Strand, wie „wer sammelt am meisten Müll in 5 Minuten“)
  8. Konsequenzen früheren Verhaltens (z.B. Einschätzung des Energieverbrauchs im letzten Jahr durch den Stromanbieter )
  9. Erwartete Fehler (z.B. Erklär-Tafel über Müllcontainern, damit die Mülltrennung richtig durchgeführt wird)
  10. Erinnerungen (z.B. Push-Nachricht aufs Handy, wenn Mindest-Schrittzahl von 10.000 Schritten am Tag um 18 Uhr noch nicht erreicht wurde)

Es gibt natürlich unzählige weiterer, wirkungsvoller Nudging-Typen. Doch hier wollte ich dir zumindest schon einmal die Wichtigsten nennen.

Welche weiteren Beispiele gibt es für Nudging zur Förderung nachhaltigen Verhaltens?

Nun hast du bereits einige Beispiele für klassisches Nudging zu mehr Nachhaltigkeit und Umweltschutz kennengelernt. Hier möchte ich die Liste noch etwas erweitern, um dir ein besseres Gefühl für die Möglichkeiten zur allgemeinen, positiven Verhaltensanpassung uns zur Verfügung stehen:

  • Günstigerer Kaffee, wenn man ihn vor Ort und nicht „ToGo“ trinkt
  • Klimafreundlichere Speisen werden auf Speisekarte im Restaurant hervorgehoben
  • Abstandslinien zur Eingrenzung einer Pandemie an der Supermarktkasse
  • Ökostrom als vorausgewählte Einstellung für Neukunden bei Stromanbietern
  • Anordnung der Lebensmittelauslage in einer Kantine
  • Müllvermeidende Aufkleber an Briefkästen (siehe Werbung per Post abbestellen)
  • Wassersparende Duschbrause im Hotelzimmer
  • Kostenfreie ÖPNV-Probekarten für PKW-Besitzer

Welche Nudging-Typen oder -Beispiele fallen dir noch ein? Ich freue mich auf deinen Input in den Kommentaren!

Warum wird das Nudging kritisiert?

Nudging hat auf den ersten Blick etwas „Wertendes“ und „Manipulierendes“. Es lässt vermuten, dass viele Menschen niemals von selbst darauf kommen würden, eine umweltfreundliche Verhaltensanpassung vorzunehmen – und dass sie deshalb von übergeordneten Institutionen und Organisationen gelenkt werden müssten. Anstatt sie selbst zu SEIN, würden Sie also das tun, was sie tun SOLLEN. Definitiv ein denkwürdiger Aspekt.

Doch grundsätzlich möchte man durch das Nudging ja lediglich etwas Positives in der Gesellschaft und in unserer Umwelt bewirken. Meiner Meinung nach muss ethisch vertretbares Nudging deshalb also absolut transparent sowie möglichst aufklärend und selbsterklärend sein. Es darf außerdem auf keinen Fall die Wahlfreiheit eingrenzen und sollte erkennbar machen, dass der „Verhaltensvorschlag“ nicht nur einem selbst, sondern auch dem Wohlbefinden der Gesellschaft dient.₄

Nudges sind weder knallharte Regulierungen noch ökonomische Anreize. Sie lassen den Menschen die freie Wahl, geben aber möglicherweise den entscheidenden Stups, die Umwelt, in der alle Menschen gemeinsam leben, zu schützen.

Nudging – Der letzte Stups in eine nachhaltige Lebensweise!

Es lassen sich selbstverständlich nicht alle Entscheidungen nudgen! Und neben den sinnvollen Nudging-Ansätzen braucht es auch eine umfangreiche Verbraucherbildung im Bereich Nachhaltigkeit, um das Konsumverhalten in unserer Gesellschaft gezielt umweltfreundlicher zu gestalten. Doch wir können festhalten, dass ein ehrliches, zukunftsorientiertes Nudging, dass den Konsumenten immer noch die Wahl lässt, den positiven Wandel unserer Gesellschaft fördert.

Abschließend möchte ich dir noch einige weiterführende Artikel über Themen an die Hand geben, die auch durch das Nudging unterstützt werden sollen:

Hast du Fragen, Anregungen oder eigene Erfahrungen mit Nudging zur Förderung nachhaltigen Verhaltens gemacht? Dann freue ich mich schon auf deinen Kommentar!

Bleib‘ nachhaltig,

Christoph von CareElite - Plastikfrei leben

PS.: Sieh dich gern noch etwas im nachhaltigen Wissensblog um. Dort erfährst du zum Beispiel, was der Unterschied zwischen Wetter und Klima ist. Viel Spaß!

Quellenangaben:
₁ Van Vugt (2014): The evolutionary psychology of leadership, S.4.

₂ Umweltbundesamt: Nudge-Ansätze beim nachhaltigen Konsum, abrufbar unter https://t1p.de/27sj, S.19.

₃ Umweltbundesamt: Nudge-Ansätze beim nachhaltigen Konsum, abrufbar unter https://t1p.de/27sj, S.28 f.

₄ Richard Thaler: The Power of Nudges, for Good and Bad. In: The New York Times. 31. Oktober 2015.

Kaffekasse Verbesserungsvorschläge Newsletter

* Links mit Sternchen sind sogenannte Affiliate-Links: Wenn du darauf klickst und etwas kaufst, unterstützt du automatisch und aktiv meine Arbeit mit CareElite.de, da ich einen kleinen Anteil vom Verkaufserlös erhalte – und am Produkt-Preis ändert sich dabei selbstverständlich nichts. Vielen Dank für deinen Support und beste Grüße, Christoph!

Christoph Schulz

Christoph Schulz

Ich bin Christoph, Umweltwissenschaftler und Autor - und setze mich hier bei CareElite gegen den Plastikmüll in der Umwelt, den Klimawandel und alle anderen großen Umweltprobleme unserer Zeit ein. Gemeinsam mit weiteren, umweltbewussten Bloggern will ich dir Tipps & Tricks für ein natürlich-gesundes, nachhaltiges Leben sowie deine persönliche Weiterentwicklung an die Hand geben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert